Die Formulation
die Existenz eines universellen Systems von Gebilden und Formen
Der Begründer des Malorts, Arno Stern, entdeckte in seinem Pariser Malort, dem „Closlieu“, und bei seinen Reisen in unberührte Gegenden der Welt, dass immer wieder gleiche Gebilde in den Bildern vorkamen. Durch Beobachtung fand er heraus, dass ein universelles System von Gebilden und Formen existiert. Arno Stern erkannte die Gesetzmäßigkeiten in diesem Universalgefüge, das er Formulation nennt. In der Formulation folgen, laut Stern, drei Perioden aufeinander: die Erstfiguren, später die Bilddinge und beim Erwachsenen die Hauptfiguren. Wenn Kinder ihre ersten Spuren ziehen und den Bildraum füllen, entstehen Erstfiguren, die immer wiederholt werden, wie zum Beispiel die Strahlenfigur oder die Grätenfigur. Auch später, wenn die Kinder beginnen gegenständlich zu malen, sind diese Erstfiguren als Trazate in den Bilddingen enthalten, sie werden von den Bilddingen eingekleidet. Nach Stern entstammen sie unserer organischen Erinnerung. Es ist wohltuend und bereichernd, sie in der wertfreien Atmosphäre des Malortes, inmitten einer Gruppe von Malenden, zum Ausdruck bringen zu dürfen. Die Begleitung durch eine geschulte Person, die Geborgenheit des Raumes und der Umgang mit hochwertigen Materialien tragen ebenfalls zu diesem außergewöhnlichen Erlebnis bei. Auch größere Kinder, Jugendliche und Erwachsene können ihre Spielfähigkeit im Malort wiederfinden und die Formulation erleben. Kulturelle Erfahrungen treten nach und nach in den Hintergrund, spontane Äußerungen, die in den Hauptfiguren zum Ausdruck kommen, entstehen. Malspielende erwachsene Personen genießen das Spiel mit der gleichen Hingabe wie die kleinen Kinder. Auch in diesem Stadium der Formulation spielt die Wiederholung eine große Rolle.
Ein Pinselstrich auf Papier, eine Äußerung ohne Absicht, die nur den Bedürfnissen folgt, bringt den Menschen zu sich selbst zurück.
Arno Stern